Die Geschichte des 1. VfL Potsdam

Der 1. VfL Potsdam entstand im Frühjahr 1990 und befindet sich damit gewissermaßen im besten Handball-Alter. Der „Verein für Leibesübungen“ wurde als Nachfolger der Betriebssportgemeinschaft (BSG) DEFA der gleichnamigen DDR-Filmgesellschaft gegründet. Seither ist er ein sportliches Aushängeschild der Landeshauptstadt und prägt die Entwicklung des brandenburgischen Handballsports maßgeblich mit. Neben ungezählten Erfolgen im männlichen Nachwuchsbereich aller Altersstufen ist die Zugehörigkeit der 1. Männermannschaft zur Zweiten Bundesliga ein sportlich herausragender Erfolg des Vereins. 

Wende-Wehen 

Geboren wurde der Verein in den unruhigen Zeiten der politischen Wende, als die DEFA ihrer eigenen Sportgemeinschaft notgedrungen den Geldhahn zudrehen musste. Nur bis zum 30. Juni 1990 sollten noch finanzielle Mittel von ihr und dem DTSB, dem Deutschen Turn- und Sportbund der DDR, fließen. Daraufhin fanden sich einige engagierte BSG-Vertreter und Übungsleiter, die einen sang- und klanglosen Untergang des traditionsreichen Vereins nicht hinnehmen wollten. Dieser und andere Vereine wie Rotation Babelsberg und PH Potsdam hatten schließlich eine jahrzehntelange Handball-Geschichte. 

Der Neubeginn 

Zum 19. April 1990 wurde die Gründungsversammlung des 1. VfL Potsdam einberufen. Die Initiatoren konfrontierten die Aktiven sowie die Eltern der Nachwuchsspieler mit der Situation, zeigten aber auch Wege auf, wie es weitergehen könnte. Das war – wie in der Politik als Erklärung für Geburtsfehler der Wende oft und berechtigt vorgebracht wird – ziemlich unwägbar, also auch riskant. Nichtsdestotrotz wurde der neue Verein am 15. Mai 1990 ins Vereinsregister eingetragen und schon zwei Jahre später als Leistungsstützpunkt Handball anerkannt. 

Geburtshelfer 

Zu den risikobereiten Sportlern und Sportfunktionären jener frühen Tage zählen der erste Vorsitzende des neuen Vereins, Peter Senft, der spätere langjährige sportliche Leiter Ralf Kutzner, der im Februar 2019 viel zu früh verstorbene Jugendtrainer Detlef Doering oder auch Frank Hanisch, der noch heute beim VfL Erwachsene und Knirpse in der rasanten Sportart fachlich unterweist. Dazu sind viele weitere Vereins-Mitbegründer dem VfL über die Jahre in irgendeiner Form verbunden geblieben. 

Gründung bei „Zille" 

Die Gründungsversammlung fand in der Babelsberger Gaststätte ,,Zillestube" statt. Das Restaurant mit dem Namen von Pinsel-Heinrich, dem Berliner Milieu-Maler, wurde von dem 2009 verstorbenen Dieter Anders betrieben, der selbst lange stellvertretender Vorsitzender war. Das Protokoll jenes Treffens führt die Namen von 17 Teilnehmern auf. Seither hat der VfL einen ziemlich erfolgreichen Weg genommen. Die Zahl der Mitglieder wuchs von 137 im März 1991 über 189 (1994) auf heute rund 500. Der Verein ist damit einer der größten in Brandenburg. 

Steiniger Weg nach oben 

Nach sportlich schwierigen Jahren gelang 1995 unter Trainer Ewald Astrath mit dem Aufstieg in die Oberliga Brandenburg ein erstes sportliches Ausrufezeichen. In den Folgejahren erreichten die „Adler“ zwar Spitzenplatzierungen in der höchsten brandenburgischen Spielklasse, der Schritt in die 3.Liga, der damaligen Regionalliga wurde jedoch nicht geschafft. 1996 wurde Holger Rupprecht von den Mitgliedern des VfL zum neuen Vereinsvorsitzenden gewählt. Er sollte dieses Amt stolze 18 Jahre lang bekleiden. 

2. Bundesliga! 

Unter dem neuen Trainer, dem vorherigen Mannschaftskapitän Ralf Kutzner, klappte es 1999 mit dem Aufstieg in die Regionalliga. Viele VfL-Talente hatten zwischenzeitlich den Weg in die Mannschaft gefunden und prägten das Spiel nun maßgeblich. In Liga 3 wurde in den Folgejahren unter Coach Detlef Pfeifer zumeist Plätze im Vorderfeld erreicht, bevor 2005/06 unter Trainer Alexander Haase der nächste Quantensprung gelang: Meister der Regionalliga und Aufstieg in die 2. Bundesliga Nord! Das Glück währte aber nur eine Saison, denn nach durchaus achtbaren Ergebnissen musste der VfL als Tabellen-17. wieder absteigen.  

„Scheidung“ von den Damen - Aufstrebender Nachwuchs 

Die Handball-Damen des VfL gingen 2002/03 eigene Wege und gründeten mit dem HSC Potsdam einen eigenen Handball-Verein. Der männliche VfL-Bereich wuchs unterdessen zahlenmäßig und qualitativ weiter, wobei vor allem der Nachwuchs – von den Minis bis zur A-Jugend – viele Titel abräumte. Die Aufnahme der Handballer an der Potsdamer Sportschule im Jahr 2000 war dabei ein Quantensprung für die Nachwuchsförderung. In allen Altersklassen im Nachwuchsbereich - von den „Adlerküken“ bis hin zu den „Jungadlern“ - gehen die Potsdamer seither mit gleich mehreren Teams an den Start. 

Erneuter Aufstieg 

Mit dem neuen Trainer Peter Melzer wurde im Jahr 2009 erneut der Aufstieg in die 2.Handball-Bundesliga erreicht. Er konnte auf eine schlagkräftige Truppe, ergänzt um Talente der Potsdamer Sportschule, zurückgreifen. Der VfL entwickelte sich in den beiden Folgejahren zum Favoritenschreck und erreichte zwischenzeitlich sogar Spitzenplatzierungen in der zweithöchsten deutschen Spielklasse. In der Saison 2010/2011 standen die „Adler“, nun mit Trainer Rüdiger Bones, punktgleich mit dem Tabellen-Dritten auf Platz 5. Damit wurde das Saisonziel, die Qualifikation für die eingleisige 2. Liga, souverän erreicht. 

Bitterer Abstieg und finanzielle Probleme 

Die Folgesaison wird den Potsdamer Handballfreunden noch lange in Erinnerung bleiben. Nach gutem Start folgten sportliche schwierige Zeiten und am Ende der bittere Abstieg in die 3. Liga. Und das gerade zu dem Zeitpunkt, als die langersehnte MBS-Arena im Februar 2012 endlich fertig und zur neuen großartigen Heimspielstätte mit mehr als 2.000 Zuschauerplätzen wurde. Der sportliche Misserfolg war zudem begleitet von großen finanziellen Problemen. Eine Insolvenz konnte glücklicherweise abgewendet werden. Auch aufgrund von Sparzwängen sollte die 3.Liga in den Folgejahren zur sportlichen Heimat des Vereins werden, zunächst unter Trainer Jens Deffke, später mit Daniel Deutsch an der Seitenlinie. Dem scheidenen Vereinsvorsitzenden Holger Rupprecht folgte im Jahr 2014 Dr. Norbert Ahrend. 

Herausragende Erfolge im Nachwuchs 

Die gute Arbeit an der Sportschule schlug sich in den Leistungen der „Jungadler“ nachhaltig nieder. Herausragende Beispiele sind die Erfolge der C-Jugend beim prestigeträchtigen Wettbewerb von „Jugend trainiert für Olympia oder die Qualifikation der B-Jugend für das Final-Four-Turnier um die Deutsche Meisterschaft im Jahr 2009. Dazu war die A-Jugend seit Bestehen der Bundesliga für diese Altersklasse in (fast) allen Spielzeiten Teilnehmer. Eng verbunden sind die Erfolge in der Jugendarbeit mit Detlef Doering und Alexander Haase, die die Nachwuchsarbeit an der Sportschule akribisch auf- und ausbauten. 

2. Handball-Bundesliga. Wir sind wieder dabei! 

Bereits im Jahr 2014 unterzeichneten Handball-Bundesligist Füchse Berlin und der VfL Potsdam eine Kooperationsvereinbarung. Nachdem man in diesem Rahmen zunächst vor allem im Nachwuchs eng zusammenarbeitete, wurde im Jahr 2020 eine Intensivierung der Zusammenarbeit auch im Männerbereich beschlossen. Im Folgejahr verpasste der VfL noch knapp den Aufstieg in die 2. Handball-Bundesliga, in der Saison 2021/22 wurde der Traum aber verwirklicht. Mit dem erfahrenen Trainer Bob Hanning, der zugleich als Geschäftsführer der Füchse fungiert, an der Seitenlinie sicherten sich die Potsdamer „Adler“ den Meistertitel und verabschiedeten sich nach 10 Jahren aus der 3.Liga. 

Gekommen, um zu bleiben

Als das Team von Trainer Bob Hanning am 3. September 2022 den ersten Heimsieg gegen Bietigheim in der 2. Handball-Bundesliga feierte, hätte niemand für möglich gehalten, was der 1. VfL Potsdam leisten würde: Das jüngste Team der Liga hat sich als zweitbestes Auswärtsteam der Saison auf dem siebten Platz der Tabelle etabliert und die Handballfans bundesweit mit seiner Energie, jugendlichen Frische und ungebändigtem Siegesgeist auf der Platte begeistert.

(Vereinschronik / Stand August 2023). 

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